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Es werden Posts vom 2014 angezeigt.

Liebe ist alogisch

Diese Glücksrechnung geht die Liebe nichts an. Vielleicht bereiten wir einander Schmerz. Weiser ist es, nicht zu lieben. Liebe ist alogisch, und wir kämpfen gegen sie an, aber sie ist stärker als unsere Logik, und das ist ihr Zauber. - Eduard von Keyserling Zitat aus: Seine Liebeserfahrung, 1906, in: Schwüle Tage, Seine Liebeserfahrung, Fischer Verlag, Frankfurt am Main 1983, ISBN 3-596-25351-9 , Seite 91 Bild: amazon.de -

Das wahre Leben findet hier statt

Viele fremde Gesichter begegnen mir in der Stadtbahn, als ich von meiner Lektüre aufblicke, während der Zug in die Richtung, die ich wählte, mit gemütlicher Geschwindigkeit weiterrattert; das eintönige Geräusch der Räder erzeugt eine schläfrige Atmosphäre, der ich zu entfliehen versuche. Ich will meine Umgebung bewusst wahrnehmen, die Gesichter der Menschen um mich herum beobachten, als hätte ich die Gabe, in ihnen zu lesen, wie in meinem Buch, das ich in den Händen halte. Ein solches habe ich immer bei mir, es ist für mich ein Leichtes, im Ozean der schwarzen Buchstaben unterzutauchen, als würde ich die Welten wechseln für eine bestimmte Zeit, wenn ich vor der Umgebung und fremden Blicken flüchten, sie aus meinem Blickwinkel verbannen will. Manchmal sind es einfach zu viele Menschen, die wie ich, zu einem bestimmten Ziel unterwegs sind und an mir vorbei hasten, meist laute, fremdsprachige Konversation mit ihren Mobiltelefonen führend, mit einer anderen Person in der Leitung, die s

Geschriebene Worte bleiben weniger in Erinnerung

Geschriebene Worte bleiben weniger in Erinnerung, als gesagte, an den Kopf geworfene, anklagende, Schuld zuweisende, provozierende Worte, an die man sich noch Jahre später erinnert, als hätte man diese erst gestern gehört, sich anhören müssen, was andere loswerden wollten, von sich geben mussten. Ohne Rücksicht oder Toleranz kam das Gewitter der Worte, sie fielen und schlugen hart auf dem Boden des Herzens auf, mit einem Knall, der in den Ohren widerhallt, heute noch. Das Gesicht und die Mimik, wild gewordene Emotionen, die sich nicht bändigen ließen, nicht in diesem Augenblick des Wortgefechtes, welches die Worte wie eine Salve auf einen abfeuert und an mehreren Stellen blutende Spuren in der Seele hinterlässt. Ein verbaler Ausbruch, dem knatternden Geräusch eines Gewehrs ähnlich, laut, einschüchternd, von Dominanz beherrscht, keine Widerrede duldend, Gehorsam fordernd, auf Einsicht wartend, das Zurückschießen verbietend; man weiß, dass nur das Schweigen helfen kann, die verbale Err

Die Zeit ist wertvoll - wenn der Sinn verloren geht

Viele meiner Gedanken möchten in schwarze Buchstaben gekleidet werden, sie rufen nach den Worten, die sich tief in meinem Inneren verstecken, hinter meinen Gefühlen, darauf wartend, von ihnen an die Oberfläche katapultiert zu werden, damit sie durch die Intensität meiner Gefühle endlich ihren Platz auf dem weißen Blatt zugewiesen bekommen; wo sie dann schwarz auf weiß, sich prahlerisch behaupten können, mich anlächeln oder mir Tränen in die Augen treiben, wenn ich die Sätze und Formulierungen, die ich zustande brachte, immer wieder lese, verbessere, herzeigbar mache. Niemand möchte wirres Zeug lesen in seiner spärlichen Zeit, die am Ende des Tages übrig bleibt, wo es auch noch viele andere Möglichkeiten gäbe, um die paar Stunden sinnvoll zu gestalten oder einfach etwas zu tun, wonach einem der Sinn steht, auch wenn es nicht gerade sinnvoll erscheint. Die Menschen streben nach mehr Sinn in ihrem Leben , die meisten wollen nicht, dass es sinnlos an ihnen vorbeigeht; auch die meisten En

Schwarze Buchstaben der Erinnerung

In meinem Bücherzimmer sitze ich gerade, seit einer Stunde halte ich mich hier auf, über mein Leben nachdenkend, über die Vergangenheit sinnierend, die sich nicht mehr meinem eigentlichen Leben zugehörig anfühlt, so weit ist sie bereits in die Ferne gerückt. Erinnerungen kommen und gehen, wie flanierende, nach außen unbeschwert wirkende Menschen am Sonntag Nachmittag auf der Stadtpromenade. Manche Erinnerungstücke kommen leichtfüßig daher, andere aber sausen auf mich herab, als wollten sie mich in den Boden hineinstampfen, um auf mich herumzutrampeln, um mich mit ihrem höhnischen Gelächter und verzerrten Stimmen einzuschüchtern. Sie sind keine sorglose Flaneure auf der besagten Promenade, sie sind Krieger und Kämpfer in ihren schweren Stiefeln und übermenschlichen Kräften, mit muskulösen Armen und Beinen, mit schwerem Gepäck auf ihren Rücken, das mit meinen schwermütigen Erinnerungen vollgestopft ist. Mit all den dunklen Stunden, vor denen man nicht entfliehen kann, die immer wieder na

Vergänglichkeit

Es ist spät geworden, vor einigen Stunden habe ich noch den blauen Himmel betrachtet, Wolken gezählt, der Wind durch mein Haar gewirbelt, die kühle Luft meine Wangen rosa gefärbt, als ich den Fluss entlang spazierte. Ich beobachtete die Natur um mich herum, wie weit sie sich auf den kommenden Winter bereits vorbereitet hat; für mich ein trauriger Anblick im Angesicht der fast nackten Äste der Bäume, ihre Pracht am Boden liegend und in allen möglichen Richtungen vom Winde verweht. Ja, sie werden bald sterben, die Bäume, und es gibt Menschen, die ihr Wiedererwachen im nächsten Jahr vielleicht nicht mehr erleben werden, sie werden vorher ihre Augen für immer schließen; mit oder ohne Abschied von ihren Familien und Freunden.